Überarbeitung von Prüfschritten im Jahr 2006

Detlev Fischer

Ein Jahr nach der letzten grundlegenden Überarbeitung der Prüfschritte haben sich wieder diverse Änderungsvorschläge angesammelt. Viele dieser Vorschläge sind eher Klarstellungen und die Auswirkungen auf die Bewertung gering. Mit einer wichtigen Ausnahme, nämlich dem Prüfschritt zu PDFs.

Am 9. Februar 2006 sind die hier beschriebenen Änderungen in Kraft getreten, mit Ausnahme der Neufassung des Prüfschritts 11.1.1 zu PDFs, die Ende Februar folgen soll.

1.1.1 - Alternativtexte für Bedienelemente

In der alten Fassung des Prüfschritts steht, dass bei verlinkten Grafiken die Angabe des Linkziels immer Vorrang hat. Das ist richtig, manchmal reicht die Angabe des Linkziels aber nicht aus, der Alternativtext soll auch sagen, was abgebildet ist.

Der wichtigste Anwendungsfall ist das verlinkte Logo. Die Angabe des Linkziels ("zur Startseite") ist hier nicht der richtige Alternativtext. Die Frage "Links oben ist das Firmenlogo abgebildet, es ist außerdem mit der Startseite verlinkt. Welcher Alternativtext ist angemessen?" dazu wurde entsprechend geändert.

Zwei weitere wichtige Hinweise (gelten auch für Prüfschritt 1.1.2):

  1. Alternativ: Der Prüfschritt ist nicht nur auf Texte im alt-Attribut anzuwenden, sondern auch auf andere Textalternativen (zum Beispiel auf via CSS mit einem Hintergrundbild ersetzte Textlinks).
  2. Image Replacement mit display: none erfüllt den Prüfschritt nicht.

Neue Antwort auf die Fragen:

  • Der Alternativtext beschreibt die Grafik, der title-Text beschreibt das Link-Ziel: Ist das ein geeigneter Lösungsansatz für grafische Links?
  • Sollte im alt-Attribut und im title-Attribut eines Bildes derselbe Inhalt stehen?

1.1.2 - Alternativtexte für Grafiken und Objekte

Es wird deutlicher gefasst, was als informative Grafik gelten soll, in welchen Fällen also der Prüfschritt anzuwenden ist:

  1. Bilder, die zwar einem Bezug zum Thema haben, für sehende Benutzer aber nicht wirklich informativ sind, brauchen keinen Alternativtext.

  2. Das Kriterium für die Unterscheidung von informativen und dekorativen Grafiken ist nicht das (unter Umständen sehr eingeschränkte) Informationspotential einer Textalternative, sondern der Informationsgehalt der Grafik für Sehende.

    Zum Beispiel: Alternativtexte von Portraitfotos haben meist keinen großen Informationsgehalt. Es ist nicht üblich und auch praktisch nicht möglich, jedesmal eine Beschreibung des abgebildeten Gesichts bereitzustellen. Sehenden wird aber gezeigt, wie die betreffende Person aussieht, für sie ist das Bild informativ. Im Alternativtext muß also etwas stehen. Und zwar mindestens, dass da per Bild vermittelt wird, wie die abgebildete Person aussieht. Der nicht sehende Benutzer soll wissen, welche Informationen die Seite bereitstellt.

  3. Der Alternativtext ist nicht die einzige mögliche Textalternative. Informationen können auch im Kontext des Bildes bereitgestellt werden, das alternative Informationsangebot für nicht sehende Benutzer muss manchmal grundsätzlich andere Wege gehen (Beispiel Lageplan).

Zwei weitere wichtige Hinweise (gelten auch für Prüfschritt 1.1.1):

  1. Der Prüfschritt ist nicht nur auf Texte im alt-Attribut anzuwenden, sondern auch auf andere Textalternativen (zum Beispiel auf via CSS mit einem Hintergrundbild ersetzte Textlinks).
  2. Image Replacement mit display:none erfüllt den Prüfschritt nicht.

Neue Antwort auf die Frage:

  • Kann der Alternativtext leer bleiben, wenn eine aussagekräftige Bildunterschrift vorhanden ist?

2.1.1 - Auch ohne Farben nutzbar

Klarstellungen zu diesem Prüfschritt betreffen die Abgrenzung von Informationen, die nur über die Farbe vermittelt werden:

Bezüge per Farbe (zum Beispiel "Klicken Sie auf den roten Button") sind leicht zu identifizieren. Schwieriger ist es mit den in der Praxis oft wichtigeren Hervorhebungen. Deutlicher gefasst wurde, was unter einer allein über die Farbe vermittelten Hervorhebung zu verstehen ist:

  • Bei der Frage, ob zum Beispiel Hervorhebungen nur über Farbänderungen vermittelt werden, sollen auch Kontextinformationen einbezogen werden. Die aktuell ausgewählte Menüoption wird nicht "nur über die Farbe" vermittelt, wenn sie zusätzlich auch im Breadcrumb angezeigt wird.
  • Der Prüfschritt ist bei Formänderungen und Umkehrung von Farben als erfüllt zu bewerten.
  • (Nur) farblich hervorgehobene Links im Fließtext in der Beispielliste ergänzen, die erste Frage zu Links im Fließtext (zu text-decoration:none) streichen, denn sie geht über die Anforderung des Prüfschritts 2.1.1 hinaus.

2.2.1 - Grafiken vor wechselndem Hintergrund erkennbar

Nach der alten Version sollte der Prüfschritt "in der Regel" nicht auf Logos angewendet werden - danach dürften Logos einen transparenten Hintergrund haben oder als CSS-Hintergrundbild eingebunden werden, ohne das dies zu einem Punktabzug führt.

Dafür gibt es aber keine vernünftige Begründung. Logos sind in der Regel wichtige Inhalte, sie sollten auch bei benutzerdefinierten Farben erkennbar und lesbar bleiben und sie haben im Stylesheet eigentlich nichts verloren.

Der Prüfschritt wird deshalb auch auf Logos angewendet. Einzige Ausnahme: auf fremde, physikalisch auf fremden Servern abgelegte Logos muss der Prüfschritt nicht angewendet werden.

3.1.2 - title-Attribut für Symbole

Hier wurden zwei Hinweise ergänzt:

  • Symbole auf einfachen, als solche gut kenntlichen grafischen Submit-Buttons brauchen kein title-Attribut. Die Liste der Elemente, die nicht mit title-Attribut versehen werden müssen, soll entsprechend ergänzt werden durch den Eintrag: "Haken oder Pfeil auf einfachen, als solche gut erkennbaren grafischen Submit-Buttons"
  • Ein Hinweis soll ergänzt werden: Das title-Attribut ist eine zusätzliche Information, die bei Symbolen insbesondere für Sehende wichtig ist. Es ersetzt in keinem Fall den für blinde Nutzer erforderlichen Alternativtext.

Neue Antwort auf die Frage:

  • Der Inhalt des title-Attributs steht Tastaturnutzern nicht zur Verfügung, es wird nur angezeigt, wenn man den Mauszeiger auf das Symbol führt. Wäre es nicht besser, wenn die Bedeutung des Symbols als normaler Text neben dem Symbol angezeigt würde?

3.2.1 - Valides HTML

Neue Antwort auf die Frage:

  • Was ist, wenn die Seite aufgrund von Fremdinhalten, zum Beispiel wegen von einem fremden Server gelieferter Werbung nicht validiert?

3.4.1 - Schriftgröße variabel

Neue Antwort auf die Fragen:

  • Auf der Webseite gibt es Einstellmöglichkeiten für die Schrift, das Layout oder die Farben. Wie ist das zu bewerten?
  • Die Vergrößerung der Schrift ist weniger wichtig, wenn die Ausgangsschriftgrößen der Webseite bereits groß genug sind. Sollte das nicht berücksichtigt werden?

4.1.1 - Anderssprachige Wörter ausgezeichnet

Im Verfahren wird der Duden als Referenz angesprochen. Die konkrete Ausgabe wurde jedoch nicht genannt. Das wurde genauer gefasst: Die Referenz ist die Online-Duden-Suche im "Großen Wörterbuch der deutschen Sprache".

Neue Antwort auf die Fragen:

  • Warum ist dieser Prüfschritt immer anwendbar?
  • Warum müssen im Duden aufgenommene Fremdwörter nicht ausgezeichnet werden? Ist die richtige Aussprache nicht eher eine Aufgabe des Screenreaders?

5.1.1 - Tabellen mit Überschriften

Neue Antwort auf die Frage:

  • Warum müssen die Tabellenheader extra ausgezeichnet werden? Kann der Screenreader nicht einfach automatisch die erste Zeile und die linke Spalte als Überschriften behandeln?

5.3.1 und 6.1.1 zur Linearisierbarkeit

Damit die linearisierte Ausgabe einer Webseite gut genutzt werden kann, sollen Bezüge auf bestimmte Seitenelemente nicht allein über die Position auf dem Bildschirm erfolgen. Man soll zum Beispiel nicht allein von der "mittleren Spalte" oder von der "links unten" angeordneten Box reden. Denn solche Bezugnahmen funktionieren nur, wenn man sich die Seite am Bildschirm ansieht. Das betrifft die beiden Prüfschritte zur Linearisierbarkeit von stylesbasiertem und tabellenbasiertem Layout. Die Prüfverfahren wurden entsprechend ergänzt.

5.4.1 - Kein Tabellenmarkup für Layouttabellen

Der Titel des Prüfschitts wurde geändert in "Kein Strukturmarkup für Layouttabellen".

6.3.1 - Auch ohne Skripte nutzbar

Für diesen Prüfschritt wurde ursprünglich Opera als Prüfwerkzeug ausgewählt, weil sich die Javascript-Unterstützung in diesem Browser schnell und einfach deaktivieren lässt. Das geht aber inzwischen mithilfe der AIS-Toolbar im Internet Explorer genau so leicht. Gleichzeitig ist es im Sinne der praktischen Nutzbarkeit besser, die Prüfung im Internet Explorer durchzuführen, da dieser Browser von wesentlich mehr Menschen eingesetzt wird als Opera. Ein weiterer Grund: Bei manchen Webseiten hängt die korrekte Darstellung im Internet Explorer von den Explorer-proprietären Expressions ab. Das wird im Test nur bemerkt, wenn man auch im Internet Explorer prüft. Aus diesen Gründen wurde das Verfahren geändert, der Internet Explorer wird jetzt als Prüfwerkzeug verwendet.

7.5.1 Verzicht auf Weiterleitung

Verdeutlichung des Verfahrens: Der Prüfschritt soll auf automatische, zeitverzögerte Weiterleitungen beschränkt werden.

Neue Antwort auf die Frage:

  • Geprüft werden nur zeitverzögerte Weiterleitungen. Sollte man nicht grundsätzlich auf clientseitige Weiterleitungen verzichten?

9.3.1 - Aktuelle Position des Fokus deutlich

Neue Antwort auf die Frage:

  • Ist die Anzeige des Focus nicht Sache des Browsers?

9.4.1 - Schlüssige Reihenfolge bei Tastaturbedienung

Neue Antwort auf die Frage:

  • Wie ist der Einsatz von Tabindices zu bewerten?

10.1.1 - Verzicht auf automatische Pop-Ups, neue Fenster angekündigt

Änderung des Verfahrens: WAVE funktioniert nicht zuverlässig, deshalb wird jetzt die AIS-Toolbar verwendet.

11.1.1 - Alternativen für PDFs und Office-Dateien

Aus drei Gründen ist eine erneute Überarbeitung des Prüfschritts erforderlich:

  1. Es macht keinen Sinn, den Prüfschritt auf einzelne, nach ganz anderen Gesichtspunkten ausgewählte Seiten zu beziehen. Sondern es muss geprüft werden, wie der Webauftritt insgesamt mit dem Thema PDF umgeht. Auf dieser Basis müssen dann PDFs für die Prüfung ausgewählt werden.
  2. Die Bevorzugung von HTML-Alternativen gegenüber direkter Zugänglichkeit ist problematisch. Denn man kann nicht sicher sein, ob die alternative Version wirklich gleichwertig ist. Außerdem macht es keinen Sinn, die speziellen Vorzüge von PDFs zum Beispiel blinden Benutzern vorzuenthalten.
  3. Die Identifikation von Dokumenten mit Beleg-Charakter ist im Einzelfall schwierig.

HTML-Alternative und direkte Zugänglichkeit des PDF sollen in der Neufassung als gleichwertig behandelt werden. Wenn für das PDF eine Konvertierungsfunktion angeboten wird, soll deren Ergebnis geprüft werden. Generell soll die Botschaft sein: Das Format ist (in diesem Fall) zweitrangig, wichtiger ist, dass die Anforderungen an die barrierefreie Aufbereitung von Webinhalten erfüllt sind.

Die eigentliche Prüfung der Barrierefreiheit des PDF (beziehungsweise der angebotenen Alternative) soll zunächst wie bisher dem Prüfschritt 11.1.1 zugeordnet werden.

Perspektiven der Prüfung von PDFs: Weshalb werden PDF-Dokumente nicht wie andere Seiten des Webangebots auf Grundlage der 52 Prüfschritte des BITV-Tests geprüft?

12.1.1 - Frames mit Titel und Name

Das Prüfverfahren wurde geändert: Der Lynx-Viewer kann nur noch vom Betreiber einer Website selbst genutzt werden und kam deshalb für die Prüfung nicht mehr in Frage.

13.4.1 - Navigation einheitlich

Neue Antwort auf die Frage:

  • Sollen Links im Fließtext durch Unterstreichung gekennzeichnet werden?