Der BIK BITV-Test dient der umfassenden und zuverlässigen Prüfung der Barrierefreiheit von Websites und Webanwendungen. Es wurde in enger Abstimmung mit Selbsthilfeverbänden von Menschen mit Behinderungen, kompetenten Webagenturen und Experten für Barrierefreiheit entwickelt.
Grundlage des Tests ist die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0, die auf die europäische Norm EN 301 549 verweist (hier kurz: EN). Die EN wiederum enthält die Kriterien der WCAG 2.1, das sind die internationalen Richtlinien für Barrierefreiheit des W3C. Daneben enthält die EN aber noch weitere verpflichtende Anforderungen. Diese sind im Annex A in der Tabelle A.1 (PDF) der EN zu finden.
Der Test prüft also die Konformität mit den Anforderungen der europäischen Norm. Gleichzeitig unterstützt er durch Kommentare und Hinweise die Umsetzung von barrierefreien Webangeboten. Er zeigt Optimierungsbedarf auf und gibt Orientierung zum aktuellen Stand der Barrierefreiheit.
Hat die Prüfstelle eine repräsentative Seitenauswahl vorgenommen, kann der Prüfbericht für die Erklärung zur Barrierefreiheit genutzt und auch veröffentlicht werden. Bei einem sehr guten Ergebnis kann das BIK-Prüfzeichen "BIK BITV-konform (geprüfte Seiten)" eingesetzt werden.
Das Prüfverfahren ist öffentlich einsehbar. Wir dokumentieren alle BIK BITV-Test Prüfschritte. Für jeden Prüfschritt gibt es ausführliche Erläuterungen, was und warum etwas geprüft wird und wie die Prüfung erfolgt. Die Prüfung ist dadurch transparent nachvollziehbar.
Neben den konkreten Anforderungen der EN 301 549 an barrierefreie Webinhalte definiert die BITV 2.0 und entsprechende Landesrechtsetzungen weitere Anforderungen, wie zum Beispiel Erläuterungen in Leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache und eine Erklärung zur Barrierefreiheit. In dem Artikel Die BITV 2.0 – Was prüft der BITV-Test, was prüft er nicht? erläutern wir, auf was sich die Testergebnisse des BITV-Tests beziehen.
Die Testentwicklung erfolgt in einem von DIAS moderierten öffentlichen Austausch mit der Barrierefreiheits-Community und im letzten Schritt in Ausrichtung an der Accessibility Guidelines Working Group (AGWG) des W3C.
Die Diskussionen auf der Plattform GitHub zur Weiterentwicklung der Prüfschritte stehen allen Interessierten offen. Neben Verbänden und Organisationen von Menschen mit Behinderungen nehmen an dem Austausch auch Hochschulen mit Expertise im Bereich Barrierefreiheit, kundige Webagenturen (darunter Personen mit Usability-Hintergrund), Überwachungsstellen und qualifizierte Einzelpersonen (mit und ohne Behinderungen) teil.
Bei einem BIK BITV-Test (Web) gilt die gesamte Website oder Webanwendung als Prüfgegenstand. Dazu gehören auch eingebundene Funktionen oder Services (Kommentare, lokale Suche, Seitenzähler).
Damit ein Prüfbericht veröffentlicht werden darf, muss die Prüfstelle eine unabhängige und repräsentative Seitenauswahl durchführen, das bedeutet der Auftraggeber weiß nicht, welche Seiten geprüft werden. Dieselbe Voraussetzung gilt für die Erteilung der BIK-Prüfzeichen bei Feststellung von Konformität.
Ist das Ziel Konformität und ein Prüfsiegel, dann ist eine repräsentative Seitenauswahl bereits bei einem vorbereitenden Test sinnvoll - auch unabhängig davon, ob das Ergebnis veröffentlicht werden soll oder nicht. Sie bietet die Basis dafür, bestehende Mängel in allen Seitentypen zu identifizieren und eine umfassende Optimierung zu ermöglichen.
Ausgewählt werden mindestens drei Seiten, meist müssen in einer repräsentative Seitenauswahl typischer Webangebote jedoch mehr Seiten erfasst werden. Die Anzahl der ausgewählten Seiten richtet sich nach der Komplexität des Angebotes und den vorhandenen unterschiedlichen Inhalten und Funktionen. Bei einer repräsentativen Seitenauswahl ist die Startseite immer dabei, zusätzlich wird beispielsweise eine Seite mit einer Datentabelle, mit Formularelementen, die Ergebnisseite der site-internen Suchfunktion, Seiten mit multimedialen Inhalten oder JavaSript-Widgets ausgewählt. Die Seitenauswahl ist immer auf das individuelle Webangebot abgestimmt.
In frühen Phasen der Entwicklung oder bei der Prüfung einzelner Komponenten oder Seiten kann eine eingeschränkte Seitenauswahl sinnvoll sein. Ist dies der Fall oder wird die Seitenauswahl von Ihnen vorgegegeben, kann der Prüfbericht nicht veröffentlicht werden.
Grundlage für die Bewertung sind das im Verzeichnis der Prüfschritte festgelegten Anforderungen. Einige Prüfschritte beziehen sich nicht auf die einzelnen, ausgewählten Seiten, sondern auf den gesamten Webauftritt.
Bis zum Frühjahr 2019 lag der BITV-Test-Auswertung ein Punkteschema zugrunde. Die Prüfschritte wurden in diesem Verfahren gewichtet und als Endergebnis wurde ein Punktwert ermittelt, der den Grad der Zugänglichkeit für den gesamten Webauftritt beschrieb.
Aufgrund der Aktualisierung der BITV 2.0 im Mai 2019 und des Bezugs auf die EN 301 549, die die Konformitätsbedingungen der WCAG enthält, wurde das Auswertungskonzept geändert. Seither gibt es das Punktesystem nicht mehr. Jetzt ist eine Seite konform, wenn für die Seite alle Prüfschritte erfüllt sind. Eine Anforderung wird als "erfüllt" bewertet, wenn untergeordnete Prüfschritte im fünfstufigen Bewertungsschema (erfüllt / eher erfüllt / teilweise erfüllt / eher nicht erfüllt / nicht erfüllt) mit "erfüllt" oder "eher erfüllt" bewertet wurden. Bei Prüfschritt-Bewertungen, die schlechter sind (also "teilweise erfüllt" bis "nicht erfüllt"), ist die übergeordnete Anforderung nicht erfüllt.
Für sehr gut umgesetzte Webangebote kann der BIK BITV-Test für den Nachweis von Konformität eingesetzt werden. Werden alle geprüften Seiten eines Angebots mit "konform" bewertet, kann das Prüfzeichen "BIK BITV-konform (geprüfte Seiten)" auf der Website eingebunden und das gute Testergebnis nach außen dokumentiert werden. Das Prüfsiegel verweist dann auf den Online-Prüfbericht. Somit ist für jede Nutzerin und jeden Nutzer transparent, wann und welche Seitenauswahl getestet wurde. Auf Wunsch nehmen wir das Angebot und die umsetzende Agentur in die Liste Sites & Agenturen auf.
In der Regel muss ein konformes Ergebnis jedoch gut vorbereitet werden.
Unabhängig vom erzielten Ergebnis ist eine Veröffentlichung des Prüfberichts (beispielsweise in einer Erklärung zur Barrierefreiheit) möglich. Auch ein nicht (ganz) konformes Prüfergebnis kann damit nach außen dokumentiert werden.
Voraussetzung für eine Veröffentlichung (und für die Einbindung des Prüfzeichens) ist neben der unabhängigen, repräsentative Seitenauswahl die Verlinkung des BITV-Test-Prüfberichts.
Eine gründliche externe Qualitätssicherung (QS) ist ein unverzichtbarer Bestandteil eines jeden BIK BITV-Tests. Kommt es bei der Prüfung von Angeboten zu Fällen, die mit den Vorgaben der Prüfverfahren nicht klar zu entscheiden sind, diskutieren die Prüfenden dies mit der Qualitätssicherung.
Der Austausch von Prüfer:innen und QS in oft wechselnder Zusammensetzung sorgt für ein gleichmäßiges und einheitliches hohes Prüf-Niveau und stärkt die Kompetenzen der Prüferinnen und Prüfer. Aus der QS ergeben sich Fragestellungen, die sich auch auf der Mailing-Liste, auf GitHub und in Videokonferenzen fortsetzen. Sie sind zugleich Grundlage der kontinuierlichen Fortentwicklung des Prüfverfahrens.
Das Ergebnis eines BITV-/WCAG Konformitäts-Tests basiert auf Einschätzungen. Dies ist kein Mangel des Tests: Die Barrierefreiheit von Webangeboten hängt nicht allein von der Einhaltung formaler Regeln ab. Ein aussagekräftiger Test wird in vielen Fällen abwägen müssen, ob kleinere Mängel noch in den Bereich der Toleranz ("eher erfüllt") fallen oder dazu führen, dass eine Anforderung als "nicht erfüllt" eingestuft werden muss.
Testergebnisse sollen möglichst wiederholbar sein und so wenig wie möglich von subjektiven Einschätzungen abhängen. Unterschiedliche Prüferinnen und Prüfer sollen zu gleichen Ergebnissen kommen, um die Vergleichbarkeit und Nachprüfbarkeit zu gewährleisten. Beim BIK Prüfverbund dienen die Rückmeldungen der Qualitätssicherung und der den Austausch über Mailingliste, GitHub und Video-Konferenzen der Sicherstellung eines möglichst einheitlichen Prüfansatzes. Bei offenen Fragen suchen wir die Rückbindung an Diskussionen in der internationalen Arbeitsgruppe, der Accessibility Guidelines Working Group (AGWG).
Eine ausführlichere Darstellung der finden Sie in der Beschreibung des Prüfverfahrens.